- Heß
- Hẹß,1) Johann, evangelischer Theologe, * Nürnberg 23. 9. 1490, ✝ Breslau 5. 1. 1547; ab 1523 erster evangelischer Pfarrer in Breslau, wo er die Reformation durchführte.2) Rudolf, Politiker, * Alexandria (Ägypten) 26. 4. 1894, ✝ (Selbstmord) Berlin-Spandau 17. 8. 1987; absolvierte zunächst eine kaufmännische Lehre, studierte nach dem Ersten Weltkrieg in München bei K. Haushofer Geopolitik. Am 8./9. 11. 1923 nahm Heß, seit 1920 Mitglied der NSDAP, am Hitlerputsch teil. Zu Festungshaft verurteilt, unterstützte er im Gefängnis von Landsberg Hitler, zu dem er ein enges persönliches Verhältnis pflegte, bei der Niederschrift des Buches »Mein Kampf«. Nach der Entlassung aus der Haft war Heß 1925-32 Privatsekretär Hitlers.1932 ernannte Hitler Heß zum Vorsitzenden der neu geschaffenen »Politische Zentralkommission der NSDAP«, 1933 zum »Stellvertreter des Führers« (bei der Leitung der NSDAP). Auf staatlicher Ebene war er seit 1933 Reichsminister ohne Geschäftsbereich, seit 1938 Mitglied des »Geheimen Kabinettsrates« und seit 1939 des Ministerrates für Reichsverteidigung. In der Öffentlichkeit trat Heß v. a. als fanatischer Propagandist des Führerkultes hervor. Am 1. 9. 1939 ernannte ihn Hitler zu seinem - in der Rangfolge - zweiten Nachfolger (nach H. Göring) im Falle seines Todes.Am 10. 5. 1941 flog Heß nach Schottland, um über den mit ihm bekannten Herzog von Hamilton Kontakt mit der britischen Regierung aufzunehmen. Seine Absicht, zu einem deutsch-britischen Friedensarrangement zu gelangen, bevor der von Hitler schon festgelegte Angriff auf die UdSSR begann, scheiterte an den durch den deutschen Angriffskrieg geschaffenen Verhältnissen; Heß wurde als Kriegsgefangener inhaftiert. Es blieb strittig, ob Heß im Auftrag Hitlers, mit seinem Wissen oder - was meist angenommen wird - auf eigenen Entschluss nach Schottland flog (Letzteres durch neu erschlossene Quellen bekräftigt).1945 von der britischen Regierung dem Internationalen Militärtribunal in Nürnberg überstellt, verurteilte ihn dieses im Verfahren gegen die Hauptkriegsverbrecher am 30. 9./1. 10. 1946 wegen Vorbereitung eines Angriffskrieges und Verschwörung gegen den Frieden zu lebenslänglicher Haft. Von 1946 bis zu seinem Tode war Heß (seit 1966 einziger) Insasse des alliierten Kriegsverbrechergefängnisses in Berlin-Spandau (danach abgerissen).J. Douglas-Hamilton: Geheimflug nach England. Der Friedensbote R. H. u. seine Hintermänner (a. d. Engl., 1973);Angeklagt in Nürnberg. R. H., hg. v. H. Herlin (1983);A. Seidl: Der Fall R. H. 1941-1984 (1984);
Universal-Lexikon. 2012.